Rausfahren aufs Land lohnt sich auch im Herbst. Mal grau, mal bunt zeigt sich die hügelige Landschaft um Fürstenwerder auf unserer Wanderung ganz im Nordwesten der Uckermark. Unsere Tour führt uns zum Gutshof Kraatz, dort werden alte Apfel- und Birnensorten zu Obstweinen verarbeitet.
In Fürstenwerder scheint die Zwei eine magische Zahl zu sein. Zwei Seen schmiegen sich an den 800-Seelen-Ort, der Dammsee und der Große See. Es gibt dort zwei mittelalterliche Stadttore, bis ins 19. Jahrhundert hatte das Dorf Stadtrecht. Und Fürstenwerder liegt an zwei voneinander unabhängigen ehemaligen Bahnlinien und besitzt heute zwei stillgelegte Bahnhöfe, den Kaiserbahnhof und den Staatsbahnhof.
Mit Regenjacken und Thermoskannen voll heißem Tee geht es los, raus. Ein Himmel wie eine Betondecke, aber frische Luft und prächtig gefärbtes Laub vertreiben die ungemütliche Stimmung. Gut, dass wir diesen Tag nicht nicht in der Stadt verbringen. Direkt am Ortsende entdecken wir eine kleine Streuobstwiese mit Apfelbäumen. Weil wir uns unbeobachtet fühlen, greifen wir zu. Mundraub, das ist bestimmt ok. Rotbackig, saftig, eine leichte Säure. Am Abend erfahren wir, dass aus genau diesen Äpfeln der Kraatzer Apfelsaft gepresst wird — ein Zufallstreffer.
Unser erster Streckenabschnitt führt nach Nord-Osten. Parallel, aber über den Großteil der Strecke nicht sichtbar, erstreckt sich der Dammsee. Sein Nordufer markiert die Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern. Pfützen durchziehen den Feldweg und die Wahl der hochgeschlossenen Wanderstiefel zahlt sich aus in dem Matsch. Hohe Ahornbäume säumen mit gelb leuchtenden Kronen unseren Weg. Die handförmigen Blätter besitzen auffällige schwarze Flecken: Die Teerfleckenkrankheit entsteht durch Pilzbefall, sieht zwar dramatisch aus, aber schadet dem Baum nicht weiter.
Dort, wo wir nach einiger Zeit auf den See treffen, soll ein Abzweig Richtung Kraatz abgehen. Aber nirgends ist ein Weg zu sehen, der der Route auf der Karte entspricht. Nach einigem Suchen entschließen wir uns, einer Treckerspur durch ein offen stehendes Weidegatter zu folgen. Das Schild, das vor der »Stierweide« warnt, ignorieren wir — schließlich gibt es außer dieser Fahrrinne nichts, was wie ein Weg aussieht. Am Ende der Weide wuchert Gestrüpp. Während wir uns skeptisch durch die Zweige schlagen und noch über die Wegführung fluchen, entdecken wir ein paar Meter weiter vorne den eigentlichen Weg — unbenutzt und zugewachsen. Aber stopp! Hinter dem Weg bewegt sich etwas. Das sind die Stiere! Auge in Auge stehen wir plötzlich mit einem halben Dutzend schwarzer Viecher. Ein kurzer Moment Panik. Dann fällt der Blick auf die Drähte vor den Tieren — Gottseidank ein Zaun. Puh. Trotzdem nichts wie weg hier! Wir beeilen uns schnell einige Meter weiterzulaufen bis wir uns wieder sicher fühlen.
Es ist bereits Nachmittag als sich vor uns eine hügelige Wiesenlandschaften öffnet, so typisch für die eiszeitlich geformte Uckermark. Hier und dort begrenzen dichte Feldhecken das Grasland, der Weg führt durch Schlehentunnel und unter umgestürzten Bäumen hindurch. Als wir den Ortseingang von Damerow passieren, flutet auf einmal goldenes Herbstlicht die Landschaft und versöhnt uns mit dem vormals so grauen Wetter. Bis nach Kraatz ist es nun nicht mehr weit, in der Abendstimmung erreichen wir unseren Zielort der ersten Etappe.
APFELWEIN UND BIRNENSCHMAUS
GUTSHOF KRAATZ
Florian Profitlich & Edda Müller
Schloßstraße 7
17291 Nordwestuckermark
OT Kraatz
www.gutshof-kraatz.de
Kraatz ist geprägt durch einen großes Herrenhaus aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, ortsüblich als Schloss Kraatz bezeichnet. Als wir an dem Gebäude vorbeilaufen, schieben sich 20er-Jahre-Szenen vor unser inneres Auge. Elegante Gesellschaften, rauschende Feste im Gutshaus. Heute leben ein paar Schritte weiter Edda Müller und Florian Profitlich den Traum so einiger Städter mit Landsehnsucht. Eigentlich, so erzählt uns Edda in der urgemütlichen Weinschänke, seien sie auf der Suche nach einem Wochenendhäuschen gewesen. »Dass es dann gleich ein halber Gutshof wurde, hat sich so ergeben.« Angefangen haben die Beiden mit der Vermietung von Ferienwohnungen in der Remise. Das war vor sechs Jahren. Dann wurde mit dem Ausbau der Scheune zur Kelterei begonnen. Es folgten weitere Gästezimmer im Bauernhaus und zuletzt, vor zwei Jahren, die Eröffnung einer kleinen Gastronomie, der Weinschänke.
Dort erwartet uns heute Abend ein hervorragendes Menü von Gastkoch Jens Köhler, der im Wechsel mit anderen Kollegen die allsamstäglichen Menü-Abende bespielt. Es gibt Birne, und zwar in drei Gängen. Mal in Form einer fruchtigen Birnen-Hollandaise auf bitterem, gebackenem Chicorée; dann im Rotkraut, das zum Gulasch vom Uckermärker Rind gereicht wird. Im Dessert wird die Birne schließlich im Krapfenteig ausgebacken. Die Weinbegleitung umfasst — wie könnte es anders sein — verschiedene hauseigene Apfelweine und Fruchtseccos. Dabei stammen die meisten der verwendeten Produkte aus den umliegenden Dörfern und, sofern möglich, aus Bio-Anbau, die Produzenten werden in der Speisekarte namentlich genannt. Wir sind begeistert vom Menü und von den Erläuterungen, die der Koch den Speisen vorwegschickt.
UNSER TIPP
Jens Köhler kocht zu allerlei Anlässen in der Uckermark. Weitere Infos findet Ihr auf www.gourmetklubuckermark.de
Einblick in die Erzeugung der Kraatzer Apfelweine gewährt uns schließlich der Mann hinter den Obstweinen, Florian Profitlich. Er führt uns nach nebenan in die Scheune, wo er sich eine kleine Kelterei eingerichtet hat. Hier wird von Hand gepresst, abgefüllt und etikettiert. Die kleinen, etwas runzeligen Äpfel, die er uns zum Probieren anbietet, sind das Gegenteil des herkömmlichen Apfels, den man im Supermarkt kauft. Dicke Schale, herber Geschmack, manche schmecken fast bitter. Die alten Sorten bieten das, was man für einen Apfelwein braucht: Reichlich Gerbstoffe und reichlich Charakter. Aus den Gärtanks kosten wir den Most verschiedener Sorten mit so klangvollen Namen wie »Geflammter Kardinal« oder »Kaiser Wilhelm Renette«. Ob 2016 ein gutes Jahr für den Apfelwein war, wollen wir wissen und erfahren, dass die Ernte aufgrund des Wetters kleinere, intensiver schmeckende Früchte mit weniger Säure hervorgebracht hat. Auf den Wein, den wir hier im Entstehen sehen, dürfen wir also gespannt sein. Vertrieben werden die Weine, Säfte und Seccos im Hofladen vor Ort, sind aber auch in zwei Dutzend Geschäften in Berlin erhältlich. Und sogar bis in die Heimat des Äppelwoi, nach Frankfurt / Main, haben es die preisgekrönten Kraatzer Produkte geschafft.
UNSER TIPP
Die Weinschänke Kraatz bietet an mehreren Tagen der Woche unterschiedliche kulinarische Highlights, wir haben viel Gutes über den Sonntagsbrunch gehört.
»
Alte Apfelsorten kann man nur erhalten, wenn man sie pflegt und wirtschaftlich nutzt.
«
Gelernt hat der Architekturfotograf Profitlich die Kelterei von erfahrenen Apfelwinzern, die dem Quereinsteiger mit großer Hilfsbereitschaft begegnet sind. Heute merkt man ihm und seiner Frau das Herzblut an, das sie in diese neue Lebensaufgabe stecken. Dabei geht es ihnen immer auch um die Bewahrung dessen, was sie vorfinden. »Alte Apfelsorten kann man nur erhalten, wenn man sie pflegt und wirtschaftlich nutzt«, erklärt der Hausherr. Genauso verhält es sich mit den Gebäuden des Gutshofes, die von den beiden ökologisch saniert und mit viel Liebe zum Detail stilvoll eingerichtet wurden. Der Erfolg gibt ihnen recht, das Konzept geht auf auf dem Gutshof Kraatz.
Als wir am nächsten Morgen zu unserer Rundtour südlich von Fürstenwerder aufbrechen, versteckt sich die Landschaft im dichten Nebel. Über geschwungene Felder, auf denen die Wintersaat sprießt, gelangen wir nach einiger Zeit in einen Wald. Der »Kieker« bekommt durch den Nebel eine ganz mystische Aura. Wir durchqueren das Waldstück einmal der Länge nach auf breiten Forstwegen. Das Forsthaus am Ende des Waldes schmückt eine beeindruckende Feldsteinfassade mit gotisierenden Spitzbögen. Diese Architekturform hätte uns am ersten Tag schon begegnen können. Das Vorwerk Bülowssiege hätte nur einen kleinen Umweg bedeutet. Dass wir mit dem Hof ein kunsthistorisch interessantes Denkmal verpasst haben, fällt uns erst im Rückblick auf. Daher hier der Tipp: Der 1829/30 errichtete Gutshof, nach dem preußischen General der Freiheitskriege Friedrich Wilhelm Freiherr von Bülow benannt, ist heute noch als Gesamtanlage erhalten. Dort ist die Fassade des Haupthauses besonders prachtvoll mit diesen Elementen versehen, die uns auf unserer Tour beim Forsthaus im Kleinen begegnen.
Die Teerstraße führt uns nach Parmen, wo der Zufall es gut mit uns meint: Völlig unverhofft stoßen wir auf das von Andrea Tietz geführte Kräutercafé, eine feine kleine Einkehrmöglichkeit. Die köstlichen selbstgebackenen Kuchen sind eine willkommene Überraschung auf unserer Strecke. Wir stöbern ein wenig in den Verkaufsregalen, die mit Pesto, Kräuteressigen und Marmeladen gefüllt sind. Ein netter Ort, um sich sonntags zu Kaffee und Kuchen zu treffen. Das bestätigen uns auch die für diese abgelegene Lage relativ zahlreichen Gäste. Zurück nach Fürstenwerder führt später ein sehr langer und sehr gerader Radweg. Es läuft sich darauf ein bisschen so wie auf einem Deich. Rechts und links wechseln sich Wald und Felder ab, über uns hören wir den Zug der Wildgänse.
KRÄUTERCAFÉ
Cafébetrieb März — November
Inh. Andrea Tietz
Am Kiecker 4
17291 Nordwestuckermark
OT Parmen
»Auch der schönste Sommer will einmal Herbst und Welke spüren.«
— Hermann Hesse
Rausfahren aufs Land lohnt sich auch im Herbst. Mal grau, mal bunt zeigt sich die hügelige Landschaft um Fürstenwerder auf unserer Wanderung ganz im Nordwesten der Uckermark. Unsere Tour führt uns zum Gutshof Kraatz, dort werden alte Apfel- und Birnensorten zu Obstweinen verarbeitet.
In Fürstenwerder scheint die Zwei eine magische Zahl zu sein. Zwei Seen schmiegen sich an den 800-Seelen-Ort, der Dammsee und der Große See. Es gibt dort zwei mittelalterliche Stadttore, bis ins 19. Jahrhundert hatte das Dorf Stadtrecht. Und Fürstenwerder liegt an zwei voneinander unabhängigen ehemaligen Bahnlinien und besitzt heute zwei stillgelegte Bahnhöfe, den Kaiserbahnhof und den Staatsbahnhof.
Mit Regenjacken und Thermoskannen voll heißem Tee geht es los, raus. Ein Himmel wie eine Betondecke, aber frische Luft und prächtig gefärbtes Laub vertreiben die ungemütliche Stimmung. Gut, dass wir diesen Tag nicht nicht in der Stadt verbringen. Direkt am Ortsende entdecken wir eine kleine Streuobstwiese mit Apfelbäumen. Weil wir uns unbeobachtet fühlen, greifen wir zu. Mundraub, das ist bestimmt ok. Rotbackig, saftig, eine leichte Säure. Am Abend erfahren wir, dass aus genau diesen Äpfeln der Kraatzer Apfelsaft gepresst wird — ein Zufallstreffer.
Unser erster Streckenabschnitt führt nach Nord-Osten. Parallel, aber über den Großteil der Strecke nicht sichtbar, erstreckt sich der Dammsee. Sein Nordufer markiert die Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern. Pfützen durchziehen den Feldweg und die Wahl der hochgeschlossenen Wanderstiefel zahlt sich aus in dem Matsch. Hohe Ahornbäume säumen mit gelb leuchtenden Kronen unseren Weg. Die handförmigen Blätter besitzen auffällige schwarze Flecken: Die Teerfleckenkrankheit entsteht durch Pilzbefall, sieht zwar dramatisch aus, aber schadet dem Baum nicht weiter.
Dort, wo wir nach einiger Zeit auf den See treffen, soll ein Abzweig Richtung Kraatz abgehen. Aber nirgends ist ein Weg zu sehen, der der Route auf der Karte entspricht. Nach einigem Suchen entschließen wir uns, einer Treckerspur durch ein offen stehendes Weidegatter zu folgen. Das Schild, das vor der »Stierweide« warnt, ignorieren wir — schließlich gibt es außer dieser Fahrrinne nichts, was wie ein Weg aussieht. Am Ende der Weide wuchert Gestrüpp. Während wir uns skeptisch durch die Zweige schlagen und noch über die Wegführung fluchen, entdecken wir ein paar Meter weiter vorne den eigentlichen Weg — unbenutzt und zugewachsen. Aber stopp! Hinter dem Weg bewegt sich etwas. Das sind die Stiere! Auge in Auge stehen wir plötzlich mit einem halben Dutzend schwarzer Viecher. Ein kurzer Moment Panik. Dann fällt der Blick auf die Drähte vor den Tieren — Gottseidank ein Zaun. Puh. Trotzdem nichts wie weg hier! Wir beeilen uns schnell einige Meter weiterzulaufen bis wir uns wieder sicher fühlen.
Es ist bereits Nachmittag als sich vor uns eine hügelige Wiesenlandschaften öffnet, so typisch für die eiszeitlich geformte Uckermark. Hier und dort begrenzen dichte Feldhecken das Grasland, der Weg führt durch Schlehentunnel und unter umgestürzten Bäumen hindurch. Als wir den Ortseingang von Damerow passieren, flutet auf einmal goldenes Herbstlicht die Landschaft und versöhnt uns mit dem vormals so grauen Wetter. Bis nach Kraatz ist es nun nicht mehr weit, in der Abendstimmung erreichen wir unseren Zielort der ersten Etappe.
APFELWEIN UND BIRNENSCHMAUS
Kraatz ist geprägt durch einen großes Herrenhaus aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, ortsüblich als Schloss Kraatz bezeichnet. Als wir an dem Gebäude vorbeilaufen, schieben sich 20er-Jahre-Szenen vor unser inneres Auge. Elegante Gesellschaften, rauschende Feste im Gutshaus. Heute leben ein paar Schritte weiter Edda Müller und Florian Profitlich den Traum so einiger Städter mit Landsehnsucht. Eigentlich, so erzählt uns Edda in der urgemütlichen Weinschänke, seien sie auf der Suche nach einem Wochenendhäuschen gewesen. »Dass es dann gleich ein halber Gutshof wurde, hat sich so ergeben.« Angefangen haben die Beiden mit der Vermietung von Ferienwohnungen in der Remise. Das war vor sechs Jahren. Dann wurde mit dem Ausbau der Scheune zur Kelterei begonnen. Es folgten weitere Gästezimmer im Bauernhaus und zuletzt, vor zwei Jahren, die Eröffnung einer kleinen Gastronomie, der Weinschänke.
GUTSHOF KRAATZ
Florian Profitlich & Edda Müller
Schloßstraße 7
17291 Nordwestuckermark
OT Kraatz
www.gutshof-kraatz.de
Dort erwartet uns heute Abend ein hervorragendes Menü von Gastkoch Jens Köhler, der im Wechsel mit anderen Kollegen die allsamstäglichen Menü-Abende bespielt. Es gibt Birne, und zwar in drei Gängen. Mal in Form einer fruchtigen Birnen-Hollandaise auf bitterem, gebackenem Chicorée; dann im Rotkraut, das zum Gulasch vom Uckermärker Rind gereicht wird. Im Dessert wird die Birne schließlich im Krapfenteig ausgebacken. Die Weinbegleitung umfasst — wie könnte es anders sein — verschiedene hauseigene Apfelweine und Fruchtseccos. Dabei stammen die meisten der verwendeten Produkte aus den umliegenden Dörfern und, sofern möglich, aus Bio-Anbau, die Produzenten werden in der Speisekarte namentlich genannt. Wir sind begeistert vom Menü und von den Erläuterungen, die der Koch den Speisen vorwegschickt.
UNSER TIPP
Jens Köhler kocht zu allerlei Anlässen in der Uckermark. Weitere Infos findet Ihr auf www.gourmetklubuckermark.de
Einblick in die Erzeugung der Kraatzer Apfelweine gewährt uns schließlich der Mann hinter den Obstweinen, Florian Profitlich. Er führt uns nach nebenan in die Scheune, wo er sich eine kleine Kelterei eingerichtet hat. Hier wird von Hand gepresst, abgefüllt und etikettiert. Die kleinen, etwas runzeligen Äpfel, die er uns zum Probieren anbietet, sind das Gegenteil des herkömmlichen Apfels, den man im Supermarkt kauft. Dicke Schale, herber Geschmack, manche schmecken fast bitter. Die alten Sorten bieten das, was man für einen Apfelwein braucht: Reichlich Gerbstoffe und reichlich Charakter. Aus den Gärtanks kosten wir den Most verschiedener Sorten mit so klangvollen Namen wie »Geflammter Kardinal« oder »Kaiser Wilhelm Renette«. Ob 2016 ein gutes Jahr für den Apfelwein war, wollen wir wissen und erfahren, dass die Ernte aufgrund des Wetters kleinere, intensiver schmeckende Früchte mit weniger Säure hervorgebracht hat. Auf den Wein, den wir hier im Entstehen sehen, dürfen wir also gespannt sein. Vertrieben werden die Weine, Säfte und Seccos im Hofladen vor Ort, sind aber auch in zwei Dutzend Geschäften in Berlin erhältlich. Und sogar bis in die Heimat des Äppelwoi, nach Frankfurt / Main, haben es die preisgekrönten Kraatzer Produkte geschafft.
UNSER TIPP
Die Weinschänke Kraatz bietet an mehreren Tagen der Woche unterschiedliche kulinarische Highlights, wir haben viel Gutes über den Sonntagsbrunch gehört.
»
Alte Apfelsorten kann man nur erhalten, wenn man sie pflegt und wirtschaftlich nutzt.
«
Gelernt hat der Architekturfotograf Profitlich die Kelterei von erfahrenen Apfelwinzern, die dem Quereinsteiger mit großer Hilfsbereitschaft begegnet sind. Heute merkt man ihm und seiner Frau das Herzblut an, das sie in diese neue Lebensaufgabe stecken. Dabei geht es ihnen immer auch um die Bewahrung dessen, was sie vorfinden. »Alte Apfelsorten kann man nur erhalten, wenn man sie pflegt und wirtschaftlich nutzt«, erklärt der Hausherr. Genauso verhält es sich mit den Gebäuden des Gutshofes, die von den beiden ökologisch saniert und mit viel Liebe zum Detail stilvoll eingerichtet wurden. Der Erfolg gibt ihnen recht, das Konzept geht auf auf dem Gutshof Kraatz.
Als wir am nächsten Morgen zu unserer Rundtour südlich von Fürstenwerder aufbrechen, versteckt sich die Landschaft im dichten Nebel. Über geschwungene Felder, auf denen die Wintersaat sprießt, gelangen wir nach einiger Zeit in einen Wald. Der »Kieker« bekommt durch den Nebel eine ganz mystische Aura. Wir durchqueren das Waldstück einmal der Länge nach auf breiten Forstwegen. Das Forsthaus am Ende des Waldes schmückt eine beeindruckende Feldsteinfassade mit gotisierenden Spitzbögen. Diese Architekturform hätte uns am ersten Tag schon begegnen können. Das Vorwerk Bülowssiege hätte nur einen kleinen Umweg bedeutet. Dass wir mit dem Hof ein kunsthistorisch interessantes Denkmal verpasst haben, fällt uns erst im Rückblick auf. Daher hier der Tipp: Der 1829/30 errichtete Gutshof, nach dem preußischen General der Freiheitskriege Friedrich Wilhelm Freiherr von Bülow benannt, ist heute noch als Gesamtanlage erhalten. Dort ist die Fassade des Haupthauses besonders prachtvoll mit diesen Elementen versehen, die uns auf unserer Tour beim Forsthaus im Kleinen begegnen.
Die Teerstraße führt uns nach Parmen, wo der Zufall es gut mit uns meint: Völlig unverhofft stoßen wir auf das von Andrea Tietz geführte Kräutercafé, eine feine kleine Einkehrmöglichkeit. Die köstlichen selbstgebackenen Kuchen sind eine willkommene Überraschung auf unserer Strecke. Wir stöbern ein wenig in den Verkaufsregalen, die mit Pesto, Kräuteressigen und Marmeladen gefüllt sind. Ein netter Ort, um sich sonntags zu Kaffee und Kuchen zu treffen. Das bestätigen uns auch die für diese abgelegene Lage relativ zahlreichen Gäste. Zurück nach Fürstenwerder führt später ein sehr langer und sehr gerader Radweg. Es läuft sich darauf ein bisschen so wie auf einem Deich. Rechts und links wechseln sich Wald und Felder ab, über uns hören wir den Zug der Wildgänse.
KRÄUTERCAFÉ
Cafébetrieb März — November
Inh. Andrea Tietz
Am Kiecker 4
17291 Nordwestuckermark
OT Parmen
»Auch der schönste Sommer will einmal Herbst und Welke spüren.«
— Hermann Hesse