Nicht weit vom UNESCO Weltnaturerbe Grumsiner Forst brennt Thomas Blätterlein seinen Grumsiner Gin und andere Destillate. Und das schon bald aus alten, lokal angebauten Getreidesorten. Alte Buchenwälder, stille Gewässer und die Aussicht auf die Oder gehören zu den landschaftlichen Highlights unserer Wandertour.
GRUMSINER BRENNEREI
Wirtschaftshof 3
16278 Angermünde
www.grumsiner.de
Eigentlich waren wir wegen des Gins hergekommen. Die Gin-Flaschen mit dem eiszeitlichen Mammut auf dem Etikett kannten wir aus dem Sortiment des »Schaufenster Uckermark« in der Kreuzberger Markthalle Neun. Dass es in der Grumsiner Brennerei aber noch so viele großartige andere Spirituosen zu entdecken gibt, wird uns erst vor Ort beim Termin mit Thomas Blätterlein so richtig klar. Auf der Terrasse, die an den Laden- und Empfangsraum der Brennerei anschließt, treffen wir uns zum Interview. Schon zu Beginn unseres Gesprächs offenbart sich der Unternehmergeist des Gründers der Grumsiner Brennerei. Zum ersten Mal seit wir den Blog betreiben bekommen wir Fragen zu unserem Konzept und zu unserer Geschäftsidee gestellt und freuen uns über das Interesse.
Thomas Blätterlein ist es wichtig, dass seine Produkte regional authentisch sind. »Brennereien gab es hier in Brandenburg viele. In fast jedem Ort steht heute noch so ein hoher Schornstein.« Er führt uns hinein zur kupferglänzenden Feinbrandanlage und lässt uns das Resultat des Brennvorgangs kosten. »Unten haben wir eine Raubrandanlage, hier oben wird dann noch ein zweites Mal gebrannt, so hat man auch früher in der Regel gearbeitet. Ziehen Sie hier mal den Finger durch, und dann mal riechen und schmecken.« Fruchtig und malzig ist das Destillat in der Nase, und schmeckt bei weitem nicht so stark nach Alkohol wie befürchtet.
Die Begeisterung des Gastgebers für seine Produkte überträgt sich schnell auf uns. Nicht nur von den Herstellungsverfahren erzählt Blätterlein, er geht zurück bis zum Ausgangsprodukt, dem Getreide. Einen ganzen Strauß grün bis gelbe Stängel hält er uns hin und blickt uns herausfordernd an. Anhand der Länge der Grannen bestimmen wir gemeinsam die Sorten, erfahren vom wiederentdeckten Norddeutschen Champagnerroggen, der hier verwendet wird, und von zwei Raritäten, mit denen er neuerdings arbeitet. Durch seine Zusammenarbeit mit dem VERN, dem Verein zur Erhaltung und Rekultivierung von Nutzpflanzen, und mit der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft gelangte der Brenner an seltene Samen, die er nun durch einen benachbarten Bauern vermehren lässt. Einer dieser Schätze klingt wundervoll altmodisch und war in früheren Zeiten eine in Norddeutschland sehr typische Feldfrucht: Dr. Franks grannenabwerfende Imperialgerste. Und auch beim Mais soll schon im kommenden Jahr mit einer Sorte gearbeitet werden, die früher ganz explizit in der Uckermark zur Ernährung angebaut wurde, die Braune Schindelmeiser. »Hier treffen sich Sortenerhaltung, Regionalität und Wertschöpfung in der Region. Wir wissen also, wo und wie unsere Rohprodukte angebaut werden. Und wir haben natürlich eine tolle Geschichte zum Produkt,« erklärt Blätterlein sein Konzept.
Insgesamt werden zur Herstellung des Grumsiner Gins 22 Kräuter und Gewürze verwendet. Welche genau, ist natürlich geheim.
Kaum sind wir mit dem Thema Getreide durch, hat der umtriebige Mann mit dem sächsischen Dialekt es plötzlich eilig. Im Nachbarraum will der Abtrieb gewechselt werden. »Hier muss jeder Handgriff sitzen. Sobald man eine Sache falsch macht …« er rollt die Augen, »irgendwas passiert auf jeden Fall«. Die Anlage zischt und brummt, Metall schlägt aneinander, während Blätterlein einen Hebel nach dem anderen umlegt, Klappen öffnet und wieder schließt, Behälter austauscht. »Das war der zweite von fünf Abtrieben heute.« Auch am Wochenende herrscht hier also Hochbetrieb.
Draußen im Hof probieren wir endlich den Gin. Durch einen mundgeblasenen Schnapsspender rinnt die klare Flüssigkeit in unsere Verkostungsgläser. Erst wird geschnuppert, dann vorsichtig am Glas genippt. Wir versuchen die einzelnen Aromen herauszuschmecken, die sich um die Zunge legen. Orange, Zitrone, Wachholder. Vielleicht noch Nelke? »Nelkenblüte« korrigiert Blätterlein. Insgesamt werden zur Herstellung des Grumsiner Gins 22 Kräuter und Gewürze verwendet. Welche genau, ist natürlich geheim.
Nur ein paar Schritte sind es bis zum Keller, wo Whisky und Korn unter einem Backsteingewölbe lagern. Im Halbdunkel halten wir die Nase an die Öffnung eines der Holzfässer und müssen bei dem süßlichen Duft beide prompt an Malaga-Eis denken. In diesem Fass war vor der jetzigen Belegung Rum gelagert worden, deshalb der eindringliche Geruch. Die Aromen und Geschmacksstoffe sollen nun auf das neue Destillat im Inneren übergehen. »Das macht das fertige Destillat natürlich hochkomplex. Das finden wir spannend,« kommentiert Thomas Blätterlein augenzwinkernd und verschließt das Fass wieder.
Schließlich erwartet uns eine Geschmacksprobe, die uns sehr überrascht. Wir probieren Korn. Ganz ehrlich, Korn haben wir zum letzten Mal mit 18 in der Dorfdisko getrunken. Wenn überhaupt. »Sie haben jetzt im Glas einen Korn aus Bio-Weizen vom Gut Wilmersdorf, doppelt gebrannt, mehrfach destilliert, holzfassgelagtert in Rumfässern aus Martinique. Liegt jetzt hier zwei Jahre. Korn hat keinen guten Ruf. Der hat aber die gleiche Produktionsabfolge wie ein Whisky,« moderiert der Fachmann diese Verkostung an. Und tatsächlich, es schmeckt überhaupt nicht wie der Korn, den wir kennen, eine unfassbare Aromenvielfalt steckt in dem Destillat. Beim Hinausgehen fällt unser Blick auf einige kleinere Fässer. Dies sind private Besitztümer, die hier eingelagert werden, nachdem sie von Whiskyliebhabern befüllt wurden. Ein schönes Geschenk zu einem besonderen Anlass sei so eine Fassabfüllung, meint Blätterlein. Und die meisten Besitzer dieser Fässer kommen einmal im Jahr zum Fassgeburtstag vorbei und feiern mit kleinen Schlucken ihres eigenen Whiskys und etwas größeren Schlucken Bier.
Als wir wieder in den Hof treten, steht dort schon die nächste Gruppe Verkostungswilliger bereit. Sie kommen von einer geführten Tour durch den Grumsiner Forst, genießen hier gleich eine Brotzeit und schauen sich dann zusammen mit Thomas Blätterlein die Brennerei an. Wir verabschieden uns, laufen los und stellen fest, dass wir nach all den Probeschlückchen einen kleinen Schwipps haben.
Altkünkendorf ist eine Gründung aus 13. Jahrhundert und besitzt ein Gutshaus und eine Stüler-Kirche. Bekannt ist das Dorf aber vor allem als Tor zum Grumsiner Forst. Unsere heutige Tour führt uns nicht direkt in die uralten Buchenwälder, deren geschützte Kernzone man auch nur in einer geführten Tour betreten darf. Da wir aber bei anderer Gelegenheit schon einmal dort waren, möchten wir diesen besonderen Ort sehr empfehlen. Seit über 20 Jahren wird der Wald nicht mehr forstwirtschaftlich genutzt, er wird sich also im Laufe der Zeit wieder zu einem in Vorzeiten typischen nordeuropäischen Urwald entwickeln. 2011 wurde der Grumsiner Forst sogar auf die UNESO Welterbeliste gesetzt. Seeadler und Kraniche finden hier Brutstätten. In dieser eiszeitlich geprägten Landschaft gibt es besonders viele Moore und Kleingewässer.
UNSER TIPP
Geführte Wanderungen durch den Grumsiner Forst gibt es auch in Kombination mit einer Führung durch die Brennerei. Informationen hierzu gibt es auf Nachfrage in der Brennerei.
www.weltnaturerbe-grumsin.de
Über eine junge Kastanienallee verlassen wir den Ort gen Norden in Richtung Wolletzsee. Zwischen den Halmen einer sommerlichen Wiese voller wilder Blumen hindurch tanzen Federlibellen. Etwas weiter entfernt bemerken wir eine regelrechte Ameisenautobahn, auf einem toten Baumstamm herrscht hektisches Treiben. Den Wolletzsee erreichen wir an seinem Südufer und orientieren uns hier gen Osten. Eine kleine und ungestörte Badestelle lädt zum Abkühlen ein. Am südöstlichsten Zipfel des Sees schließlich geht es einen steilen Grashang hinauf. Ab hier befinden wir uns auf nun auf dem »MÄrkischen LandweG«.
Oben angekommen fällt der Blick auf kleine Bootshäuschen am anderen Ufer, diesseitig liegen Campingplatz und Strandbad. Hier am Hang machen wir auf einer der zahlreichen Sitzbänke Rast und bewundern die gelben sternförmigen Blüten am Boden, die wir nicht bestimmen können. Eine Spaziergängerin freut sich offenbar über unsere Neugier und verrät uns, dass diese in Kissen wachsende Pflanze Steinbrech heißt. Wieder was gelernt. Durch einen Kiefernwald hindurch laufen wir weiter Richtung Angermünde. In goldener Abendstimmung öffnet sich die Landschaft bald wieder und über Feldwege kommen wir unserem Etappenziel näher. Hinter einem Getreidefeld zeigt sich bald darauf schon der Turm der St. Marienkirche mit seinen markanten Staffelgiebeln und weist uns den Weg »nach Hause«.
TIPP
Um den Wolletzsee gibt es auch eine schöne Rundwanderung ab Angermünde. Eine genaue Wegbeschreibung hierzu findet ihr HIER.
ÜBERNACHTUNGEN IM ATELIER
Birgit & Christian Uhlig
Oberwall 37
16278 Angermünde
www.birgit-uhlig.com
Mit einem köstlichen Frühstück starten wir in der Künstlervilla von Birgit und Christian Uhlig in den Tag. Eine Übernachtung »im Atelier« empfehlen wir jedem, der in der Gegend ist. Beim Aufwachen haben wir freie Sicht auf das hohe Dach der Franziskaner Klosterkirche, die direkt gegenüber hinter der alten Stadtmauer thront. Die Hausherrin führt uns bevor wir aufbrechen noch durch ihren prächtigen Garten und erklärt uns die Heilwirkungen der Kräuter, die dort wachsen. Ihr Mann ist bildender Künstler, er hat u.a. den Brunnen auf dem Angermünder Marktplatz geschaffen und die Schiffsskulptur »Zeitreise« am Elbufer in Wittenberge.
Von Angermünde laufen wir los in Richtung Oder, immer entlang des Märkischen Landwegs. Auf den Feldern stehen Roggen und Weizen voll im Korn, die Sonne strahlt vom Himmel und es wird warm. Obwohl wir in dieser Sommerurlaubsstimmung völlig abschalten, fällt uns gerade noch rechtzeitig ein, für die Rückfahrt am Abend noch den Rufbus zu reservieren. Nach der Ortschaft Crussow gelangen wir für einige Zeit in den Wald.
TIPP
Gemütlich und traditionell Essen kann man in Angermünde im Restaurant »Zum Hungerstein« — schon das Lesen der kunstvoll ausformulierten Speisekarte ist ein Erlebnis.
www.zumhungerstein.de
TIPP
Bester Monat für diese Tour ist der Juni — zu dieser Zeit gibt es in der Gegend besonders viele blühende Mohn- und Kornblumenfelder.
Auf einer Anhöhe über dem Ort Stolpe erinnert die Ruine des Stolper Turms an vergangene Zeiten. Im 12. Jahrhundert als Teil einer Burganlage erbaut, diente er als Wohn- und Wehrturm und besitzt mächtige 18 Meter Durchmesser. Von der Anhöhe aus und noch besser von der Aussichtsplattform auf dem Turm aus haben wir einen beeindruckenden Blick auf die Oder, die ganz in der Nähe ihre Schleifen zieht. Hier in der Gegend nennt man den Stolper Turm »Grützpott«. Eine Sage rankt sich um diesen Namen: Einst wohnte auf der Burg Stolpe der bei den Dorfbewohnern verhasste Raubritter Tiloff mit seinen Mannen. Als Tiloff starb, kamen die Bauern um den Turm zu zerstören. Die Verteidiger warfen alles Mögliche von oben auf die Angreifer herab. Als sie nichts anderes mehr zur Hand hatten, warfen sie schließlich ihr Mittagessen — klebrige Grütze.
Hinter Stolpe führt uns der Weg wieder in den Wald hinein, wo wir nach einiger Zeit ein Bächlein murmeln hören. Eine perfekte Gelegenheit um die von der Hitze erschöpften Füße im klaren kalten Wasser zu erfrischen. Bald lassen wir den schattigen Wald hinter uns und treten ein in eine völlig andersartige Landschaft, wir gelangen zur Oder. Auf einem geteerten Weg neben dem Oderdeich geht es nun eine lange Strecke geradeaus. Auf diesem Abschnitt überholen uns alle paar Minuten Radfahrer, hier führt der Oder-Neiße-Radweg entlang. Bei Stützkow überqueren wir dann die Oder wieder gen Norden. Im Ort lohnt ein Aufstieg zum Aussichtspunkt. Von hier oben hat man einen grandiosen Ausblick über das weite Odertal.
MÄRKISCHER LANDWEG
Ausführliche Infos und genaue Wegbeschreibungen der Etappen des Märkischen Landwegs findet ihr HIER. Wir sind Etappe 7 und die Hälfte von Etappe 8 gewandert.
Auf dem Weg weiter in Richtung Criewen durchqueren wir einen weiteren Wald, an dessen Randbereich linkerhand eine Wiese mit ungewöhnlich geformten kleinen Hügeln unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht und uns die Hobbitlandschaften aus »Herr der Ringe« in Erinnerung ruft. Kurvenreiche Wege ziehen sich durch einen morastigen Erlenbruchwald, der sich schließlich zu einem Kiefernwald wandelt. Mücken fallen gierig über uns her, die Dämmerung im Wald ist immer mit vielen juckenden Stichen verbunden.
Durch den von Peter Joseph Lenné angelegten Schlosspark spazierend erreichen wir schließlich Criewen. Ein ohrenbetäubendes Froschkonzert am Teich empfängt uns an unserem Zielort.
»Es gibt keine richtige Art Natur zu sehen. Es gibt hundert.«
— Kurt Tucholsky
Nicht weit vom UNESCO Weltnaturerbe Grumsiner Forst brennt Thomas Blätterlein seinen Grumsiner Gin und andere Destillate. Und das schon bald aus alten, lokal angebauten Getreidesorten. Alte Buchenwälder, stille Gewässer und die Aussicht auf die Oder gehören zu den landschaftlichen Highlights unserer Wandertour.
Eigentlich waren wir wegen des Gins hergekommen. Die Gin-Flaschen mit dem eiszeitlichen Mammut auf dem Etikett kannten wir aus dem Sortiment des »Schaufenster Uckermark« in der Kreuzberger Markthalle Neun. Dass es in der Grumsiner Brennerei aber noch so viele großartige andere Spirituosen zu entdecken gibt, wird uns erst vor Ort beim Termin mit Thomas Blätterlein so richtig klar. Auf der Terrasse, die an den Laden- und Empfangsraum der Brennerei anschließt, treffen wir uns zum Interview. Schon zu Beginn unseres Gesprächs offenbart sich der Unternehmergeist des Gründers der Grumsiner Brennerei. Zum ersten Mal seit wir den Blog betreiben bekommen wir Fragen zu unserem Konzept und zu unserer Geschäftsidee gestellt und freuen uns über das Interesse.
GRUMSINER BRENNEREI
Wirtschaftshof 3
16278 Angermünde
www.grumsiner.de
Thomas Blätterlein ist es wichtig, dass seine Produkte regional authentisch sind. »Brennereien gab es hier in Brandenburg viele. In fast jedem Ort steht heute noch so ein hoher Schornstein.« Er führt uns hinein zur kupferglänzenden Feinbrandanlage und lässt uns das Resultat des Brennvorgangs kosten. »Unten haben wir eine Raubrandanlage, hier oben wird dann noch ein zweites Mal gebrannt, so hat man auch früher in der Regel gearbeitet. Ziehen Sie hier mal den Finger durch, und dann mal riechen und schmecken.« Fruchtig und malzig ist das Destillat in der Nase, und schmeckt bei weitem nicht so stark nach Alkohol wie befürchtet.
Die Begeisterung des Gastgebers für seine Produkte überträgt sich schnell auf uns. Nicht nur von den Herstellungsverfahren erzählt Blätterlein, er geht zurück bis zum Ausgangsprodukt, dem Getreide. Einen ganzen Strauß grün bis gelbe Stängel hält er uns hin und blickt uns herausfordernd an. Anhand der Länge der Grannen bestimmen wir gemeinsam die Sorten, erfahren vom wiederentdeckten Norddeutschen Champagnerroggen, der hier verwendet wird, und von zwei Raritäten, mit denen er neuerdings arbeitet. Durch seine Zusammenarbeit mit dem VERN, dem Verein zur Erhaltung und Rekultivierung von Nutzpflanzen, und mit der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft gelangte der Brenner an seltene Samen, die er nun durch einen benachbarten Bauern vermehren lässt. Einer dieser Schätze klingt wundervoll altmodisch und war in früheren Zeiten eine in Norddeutschland sehr typische Feldfrucht: Dr. Franks grannenabwerfende Imperialgerste. Und auch beim Mais soll schon im kommenden Jahr mit einer Sorte gearbeitet werden, die früher ganz explizit in der Uckermark zur Ernährung angebaut wurde, die Braune Schindelmeiser. »Hier treffen sich Sortenerhaltung, Regionalität und Wertschöpfung in der Region. Wir wissen also, wo und wie unsere Rohprodukte angebaut werden. Und wir haben natürlich eine tolle Geschichte zum Produkt,« erklärt Blätterlein sein Konzept.
Insgesamt werden zur Herstellung des Grumsiner Gins 22 Kräuter und Gewürze verwendet. Welche genau, ist natürlich geheim.
Kaum sind wir mit dem Thema Getreide durch, hat der umtriebige Mann mit dem sächsischen Dialekt es plötzlich eilig. Im Nachbarraum will der Abtrieb gewechselt werden. »Hier muss jeder Handgriff sitzen. Sobald man eine Sache falsch macht …« er rollt die Augen, »irgendwas passiert auf jeden Fall«. Die Anlage zischt und brummt, Metall schlägt aneinander, während Blätterlein einen Hebel nach dem anderen umlegt, Klappen öffnet und wieder schließt, Behälter austauscht. »Das war der zweite von fünf Abtrieben heute.« Auch am Wochenende herrscht hier also Hochbetrieb.
Draußen im Hof probieren wir endlich den Gin. Durch einen mundgeblasenen Schnapsspender rinnt die klare Flüssigkeit in unsere Verkostungsgläser. Erst wird geschnuppert, dann vorsichtig am Glas genippt. Wir versuchen die einzelnen Aromen herauszuschmecken, die sich um die Zunge legen. Orange, Zitrone, Wachholder. Vielleicht noch Nelke? »Nelkenblüte« korrigiert Blätterlein. Insgesamt werden zur Herstellung des Grumsiner Gins 22 Kräuter und Gewürze verwendet. Welche genau, ist natürlich geheim.
Nur ein paar Schritte sind es bis zum Keller, wo Whisky und Korn unter einem Backsteingewölbe lagern. Im Halbdunkel halten wir die Nase an die Öffnung eines der Holzfässer und müssen bei dem süßlichen Duft beide prompt an Malaga-Eis denken. In diesem Fass war vor der jetzigen Belegung Rum gelagert worden, deshalb der eindringliche Geruch. Die Aromen und Geschmacksstoffe sollen nun auf das neue Destillat im Inneren übergehen. »Das macht das fertige Destillat natürlich hochkomplex. Das finden wir spannend,« kommentiert Thomas Blätterlein augenzwinkernd und verschließt das Fass wieder.
Schließlich erwartet uns eine Geschmacksprobe, die uns sehr überrascht. Wir probieren Korn. Ganz ehrlich, Korn haben wir zum letzten Mal mit 18 in der Dorfdisko getrunken. Wenn überhaupt. »Sie haben jetzt im Glas einen Korn aus Bio-Weizen vom Gut Wilmersdorf, doppelt gebrannt, mehrfach destilliert, holzfassgelagtert in Rumfässern aus Martinique. Liegt jetzt hier zwei Jahre. Korn hat keinen guten Ruf. Der hat aber die gleiche Produktionsabfolge wie ein Whisky,« moderiert der Fachmann diese Verkostung an. Und tatsächlich, es schmeckt überhaupt nicht wie der Korn, den wir kennen, eine unfassbare Aromenvielfalt steckt in dem Destillat. Beim Hinausgehen fällt unser Blick auf einige kleinere Fässer. Dies sind private Besitztümer, die hier eingelagert werden, nachdem sie von Whiskyliebhabern befüllt wurden. Ein schönes Geschenk zu einem besonderen Anlass sei so eine Fassabfüllung, meint Blätterlein. Und die meisten Besitzer dieser Fässer kommen einmal im Jahr zum Fassgeburtstag vorbei und feiern mit kleinen Schlucken ihres eigenen Whiskys und etwas größeren Schlucken Bier.
Als wir wieder in den Hof treten, steht dort schon die nächste Gruppe Verkostungswilliger bereit. Sie kommen von einer geführten Tour durch den Grumsiner Forst, genießen hier gleich eine Brotzeit und schauen sich dann zusammen mit Thomas Blätterlein die Brennerei an. Wir verabschieden uns, laufen los und stellen fest, dass wir nach all den Probeschlückchen einen kleinen Schwipps haben.
Altkünkendorf ist eine Gründung aus 13. Jahrhundert und besitzt ein Gutshaus und eine Stüler-Kirche. Bekannt ist das Dorf aber vor allem als Tor zum Grumsiner Forst. Unsere heutige Tour führt uns nicht direkt in die uralten Buchenwälder, deren geschützte Kernzone man auch nur in einer geführten Tour betreten darf. Da wir aber bei anderer Gelegenheit schon einmal dort waren, möchten wir diesen besonderen Ort sehr empfehlen. Seit über 20 Jahren wird der Wald nicht mehr forstwirtschaftlich genutzt, er wird sich also im Laufe der Zeit wieder zu einem in Vorzeiten typischen nordeuropäischen Urwald entwickeln. 2011 wurde der Grumsiner Forst sogar auf die UNESO Welterbeliste gesetzt. Seeadler und Kraniche finden hier Brutstätten. In dieser eiszeitlich geprägten Landschaft gibt es besonders viele Moore und Kleingewässer.
UNSER TIPP
Geführte Wanderungen durch den Grumsiner Forst gibt es auch in Kombination mit einer Führung durch die Brennerei. Informationen hierzu gibt es auf Nachfrage in der Brennerei.
www.weltnaturerbe-grumsin.de
Über eine junge Kastanienallee verlassen wir den Ort gen Norden in Richtung Wolletzsee. Zwischen den Halmen einer sommerlichen Wiese voller wilder Blumen hindurch tanzen Federlibellen. Etwas weiter entfernt bemerken wir eine regelrechte Ameisenautobahn, auf einem toten Baumstamm herrscht hektisches Treiben. Den Wolletzsee erreichen wir an seinem Südufer und orientieren uns hier gen Osten. Eine kleine und ungestörte Badestelle lädt zum Abkühlen ein. Am südöstlichsten Zipfel des Sees schließlich geht es einen steilen Grashang hinauf. Ab hier befinden wir uns auf nun auf dem »MÄrkischen LandweG«.
Oben angekommen fällt der Blick auf kleine Bootshäuschen am anderen Ufer, diesseitig liegen Campingplatz und Strandbad. Hier am Hang machen wir auf einer der zahlreichen Sitzbänke Rast und bewundern die gelben sternförmigen Blüten am Boden, die wir nicht bestimmen können. Eine Spaziergängerin freut sich offenbar über unsere Neugier und verrät uns, dass diese in Kissen wachsende Pflanze Steinbrech heißt. Wieder was gelernt. Durch einen Kiefernwald hindurch laufen wir weiter Richtung Angermünde. In goldener Abendstimmung öffnet sich die Landschaft bald wieder und über Feldwege kommen wir unserem Etappenziel näher. Hinter einem Getreidefeld zeigt sich bald darauf schon der Turm der St. Marienkirche mit seinen markanten Staffelgiebeln und weist uns den Weg »nach Hause«.
TIPP
Um den Wolletzsee gibt es auch eine schöne Rundwanderung ab Angermünde. Eine genaue Wegbeschreibung hierzu findet ihr HIER.
Mit einem köstlichen Frühstück starten wir in der Künstlervilla von Birgit und Christian Uhlig in den Tag. Eine Übernachtung »im Atelier« empfehlen wir jedem, der in der Gegend ist. Beim Aufwachen haben wir freie Sicht auf das hohe Dach der Franziskaner Klosterkirche, die direkt gegenüber hinter der alten Stadtmauer thront. Die Hausherrin führt uns bevor wir aufbrechen noch durch ihren prächtigen Garten und erklärt uns die Heilwirkungen der Kräuter, die dort wachsen. Ihr Mann ist bildender Künstler, er hat u.a. den Brunnen auf dem Angermünder Marktplatz geschaffen und die Schiffsskulptur »Zeitreise« am Elbufer in Wittenberge.
ÜBERNACHTUNGEN IM ATELIER
Birgit & Christian Uhlig
Oberwall 37
16278 Angermünde
www.birgit-uhlig.com
Von Angermünde laufen wir los in Richtung Oder, immer entlang des Märkischen Landwegs. Auf den Feldern stehen Roggen und Weizen voll im Korn, die Sonne strahlt vom Himmel und es wird warm. Obwohl wir in dieser Sommerurlaubsstimmung völlig abschalten, fällt uns gerade noch rechtzeitig ein, für die Rückfahrt am Abend noch den Rufbus zu reservieren. Nach der Ortschaft Crussow gelangen wir für einige Zeit in den Wald.
TIPP
Gemütlich und traditionell Essen kann man in Angermünde im Restaurant »Zum Hungerstein« — schon das Lesen der kunstvoll ausformulierten Speisekarte ist ein Erlebnis.
www.zumhungerstein.de
TIPP
Bester Monat für diese Tour ist der Juni — zu dieser Zeit gibt es in der Gegend besonders viele blühende Mohn- und Kornblumenfelder.
Auf einer Anhöhe über dem Ort Stolpe erinnert die Ruine des Stolper Turms an vergangene Zeiten. Im 12. Jahrhundert als Teil einer Burganlage erbaut, diente er als Wohn- und Wehrturm und besitzt mächtige 18 Meter Durchmesser. Von der Anhöhe aus und noch besser von der Aussichtsplattform auf dem Turm aus haben wir einen beeindruckenden Blick auf die Oder, die ganz in der Nähe ihre Schleifen zieht. Hier in der Gegend nennt man den Stolper Turm »Grützpott«. Eine Sage rankt sich um diesen Namen: Einst wohnte auf der Burg Stolpe der bei den Dorfbewohnern verhasste Raubritter Tiloff mit seinen Mannen. Als Tiloff starb, kamen die Bauern um den Turm zu zerstören. Die Verteidiger warfen alles Mögliche von oben auf die Angreifer herab. Als sie nichts anderes mehr zur Hand hatten, warfen sie schließlich ihr Mittagessen — klebrige Grütze.
Hinter Stolpe führt uns der Weg wieder in den Wald hinein, wo wir nach einiger Zeit ein Bächlein murmeln hören. Eine perfekte Gelegenheit um die von der Hitze erschöpften Füße im klaren kalten Wasser zu erfrischen. Bald lassen wir den schattigen Wald hinter uns und treten ein in eine völlig andersartige Landschaft, wir gelangen zur Oder. Auf einem geteerten Weg neben dem Oderdeich geht es nun eine lange Strecke geradeaus. Auf diesem Abschnitt überholen uns alle paar Minuten Radfahrer, hier führt der Oder-Neiße-Radweg entlang. Bei Stützkow überqueren wir dann die Oder wieder gen Norden. Im Ort lohnt ein Aufstieg zum Aussichtspunkt. Von hier oben hat man einen grandiosen Ausblick über das weite Odertal.
MÄRKISCHER LANDWEG
Ausführliche Infos und genaue Wegbeschreibungen der Etappen des Märkischen Landwegs findet ihr HIER. Wir sind Etappe 7 und die Hälfte von Etappe 8 gewandert.
Auf dem Weg weiter in Richtung Criewen durchqueren wir einen weiteren Wald, an dessen Randbereich linkerhand eine Wiese mit ungewöhnlich geformten kleinen Hügeln unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht und uns die Hobbitlandschaften aus »Herr der Ringe« in Erinnerung ruft. Kurvenreiche Wege ziehen sich durch einen morastigen Erlenbruchwald, der sich schließlich zu einem Kiefernwald wandelt. Mücken fallen gierig über uns her, die Dämmerung im Wald ist immer mit vielen juckenden Stichen verbunden.
Durch den von Peter Joseph Lenné angelegten Schlosspark spazierend erreichen wir schließlich Criewen. Ein ohrenbetäubendes Froschkonzert am Teich empfängt uns an unserem Zielort.
»Es gibt keine richtige Art Natur zu sehen. Es gibt hundert.«
— Kurt Tucholsky