Hochprozentiges gegen die Kälte — das ist die Idee, mit der wir die Preussische Whisky Destillerie besuchen. Begeistert vom NABU Naturlerlebniszentrum Blumberger Mühle durchqueren wir die frostig-freundliche Landschaft der östlichen Uckermark und entdecken im Vorbeigehen eine prächtige Schlossruine.
Die Sonne strahlt von einem stahlblauen Himmel als wir Angermünde gen Nordwesten verlassen. Uns geht das Herz auf, während wir in die weite Winterlandschaft hinaustreten. Anders als in Berlin liegt hier auf dem Land noch Schnee an den schattigeren Stellen. Die Felder sind früh am Morgen noch von Raureif überzogen und eine Eisschicht auf den Feldwegen macht das Laufen ziemlich abenteuerlich. Mistelbesetzte Robinien und Pappeln säumen den Wegrand.
Nach einer Stunde erreichen wir das NABU Naturlerlebniszentrum Blumberger Mühle, das als Hauptinformationszentrum des Biosphärenreservats Schorfheide-Chorin fungiert. Wir schauen uns die Ausstellung über Moore und ihre Bedeutung für den Klimaschutz an und finden die Aufarbeitung sehr unterhaltsam. Im großzügigen Außenbereich der Anlage treffen wir auf eine bezaubernde Überraschung: Im Gehege der Schafe gibt es kleine Lämmchen. Nebenan wühlen sich zwei Mangalica-Schweine, Piggeldy und Frederick, durch das Stroh.
NABU
NATURERLEBNISZENTRUM
BLUMBERGER MÜHLE
Blumberger Mühle 2
16278 Angermünde
www.blumberger-muehle.de
UNSER TIPP
Neben wechselnden Ausstellungen bietet der kleiner Shop der Blumberger Mühle verschiedenste Mitbringsel zum Thema Naturerleben sowie Spezialitäten aus der Region an und ein Restaurant versorgt hungrige Ausflügler.
Direkt hinter dem Naturerlebniszentrum schließen sich sich die Blumberger Teiche an. Die 20 Fischteiche sind Teil eines Naturschutzgebietes, in dem vor allem Wasservögel zu beobachten sind. Heute wird die 140 Hektar große Anlage extensiv fischereilich bewirtschaftet, Karpfen und Schleien werden hier gezüchtet. Namensgeber dieses Ortes ist übrigens der Müller Blumberg, bis Ende des 19. Jahrhunderts gab es hier eine Schneide- und Wassermahlmühle. Unser Weg führt uns über einen schnurgeraden endlos scheinenden Damm zwischen Teichen hindurch. Am Rand der Teiche erhebt sich eine Gruppe Fischreiher über die Erlen hinweg und fliegt unter großem Geschrei davon.
Nach einiger Zeit erreichen wir hinter einem kleinen Waldstück rechterhand das beschauliche Görlsdorf, das mit ungewöhnlich vielen Sehenswürdigkeiten aufwartet. Ein kleines Feldsteinhäuschen ist das ehemalige Dorfgefängnis von 1750, das heute ein kleines Museum über die Görlsdorfer Geschichte beherbergt. Vorbei an der Dorfkirche gelangen wir zum Lenné-Park von 1830 mit seinen Wasserläufen und Sichtachsen zwischen Laubwald und offenen Wiesen. Wir können nur erahnen wie schön es hier im Frühjahr oder Sommer sein muss, wenn man sich zu einem Picknick im Gras niederlassen kann. Vom Görlsdorfer Schloss aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, das seinerzeit so illustre Gäste wie König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen oder Alexander von Humboldt empfing, sind nur noch wenige Überreste zu sehen. Heute ist Görlsdorf international angesagt, wenn es um Pferdesport geht. Auf dem Gestüt etwas außerhalb des Dorfes werden in langer Tradition Vollblutpferde für den Galopprennsport gezüchtet.
GESTÜT GÖRLSDORF
www.goerlsdorf.de
Nachdem wir den Schlosspark verlassen haben, liegt ein Wegstück typisch uckermärkischer Hügellandschaft vor uns. In sanften Schwüngen setzen sich die winterlichen Felder von dem immer noch leuchtend blauen Himmel ab. Der nächste Ort, den wir auf geteerter Straße erreichen, ist Welsow. Die Dorfkirche aus dem13. Jahrhundert ist ein Schauplatz in »Die Heiden von Kummerow« des Schriftstellers Ehm Welk von 1937. Der Roman handelt von den Abenteuern einer Gruppe von Dorfjungen in der Gegend um Angermünde vor dem Ersten Weltkrieg. An der Welsower Kirche spielt sich im Buch eine Prügelei der Kummerower und Welsower Jungs ab.
SEMINARHAUS BREITENTEICHER MÜHLE
Breitenteicher Mühle 2
16278 Frauenhagen
OT von Angermünde
www.breitenteicher-muehle.com
Die letzte Etappe des Tages führt uns in Richtung Frauenhagen vorbei an der Breitenteicher Mühle. Als Seminarhaus wird die denkmalgeschützte Mühle seit 2012 für spirituelle Seminare genutzt und steht Künstlern oder auch Chören als Rückzugsort mit besonderer Atmosphäre zur offen. Nun ist es nicht mehr weit bis nach Frauenhagen, einem kleinen, ausgefranst wirkenden Ort, der auf eine lange Siedlungsgeschichte bis zur jungen Bronzezeit zurückblicken kann. Heute fällt besonders die verfallende Gutsanlage im Ortszentrum ins Auge. Enger als man denkt ist Frauenhagen mit Berlin verbunden: 1733 kam der unter anderem für den Bau der Hackeschen Höfe verantwortliche Graf von Hacke in den Besitzt des Ortes und ist auch hier begraben. Bei Einbruch der Dunkelheit erreichen wir schließlich unsere kleine Pension und freuen uns dort über den Luxus einer kleinen Haus-Sauna, die uns die Kälte aus den Knochen treibt.
In frostiger Morgenluft queren wir reifüberzogene Hügel und lassen uns, umgeben von Windrädern, von der Wintersonne wärmen. Der Weg führt uns nach Schönermark zur Preußischen Whisky Destillerie. Die Leidenschaft, mit der Cornelia Bohn an ihrem Produkt arbeitet, ist beeindruckend. Ihre Identifikation mit dem, was sie tut, geht so weit, dass sie, wie sie sagt, sich manchmal selbst fühlt wie ein Whisky. Wie ein Whisky, oder wie das Getreide auf dem Feld, aus dem er entsteht. Sie hat ein Gespür für jeden einzelnen der Grundstoffe, die durch ihr Zutun im Laufe der Zeit nach einem langen Reifevorgang zu einem Produkt werden, das eine eigene Seele hat.
PREUSSISCHER WHISKY
www.preussischerwhisky.de
Wie kommt eine Apothekerin aus Schwedt dazu, mitten in der Einsamkeit der Uckermark ausgerechnet eine Whisky-Destillerie aufzubauen? »Eigentlich war klar, es muss etwas in der Nähe sein und es muss etwas mit Whisky sein«, denn der ist ihre wahre Leidenschaft seit sie Anfang 20 war. In der DDR habe es so etwas wie Whisky nie gegeben, nur die Bilder seien damals schon in ihrem Kopf entstanden: »Freiheit, Männlichkeit, gut aussehende Männer an der Bar, rechts und links ’ne schöne Frau.« Die Gelegenheit, das erste Mal einen Whisky zu probieren, ergab sich während eines Urlaubs in Bulgarien Anfang 1980er Jahre. Dort wurden sie und ihr damaliger Mann zu einem Getränk eingeladen. Ihrem Mann wurde der Whisky eingeschenkt, sie als Frau hingegen bekam ein Glas Rosenwasser hingestellt. Aus Trotz habe sie dann den Whisky probiert. Als sie dann in Berlin an einer Bar ihren zweiten Whisky bestellte, war sie so erstaunt über die Andersartigkeit in Geschmack und Aroma, die so gar nichts mit dem vorigen Erlebnis zu tun hatten, dass sie begann sich weiter mit der Spirituose auseinander zu setzten und schließlich eine große Faszination für die Komplexität des Whiskys entwickelte.
Als sie dann mit ihrer Familie nach Schönermark zog, entdeckte sie auf einem Spaziergang im Ort das Gelände des alten Gutshofes mit Brennerei und dem Pferdestall, in dem seit 2009 ihre Preussische Whisky Destillerie untergebracht ist. Der Stall wurde renoviert, alles hat seinen optimalen Platz gefunden. Die Atmosphäre in dem großzügigen Backsteingemäuer mit seinen hohen Kappendecken und der offenen Architektur schlägt uns gleich beim Betreten in den Bann. Es duftet malzig, ein wenig nach Bier, als wir morgens um 10 Uhr zum Gespräch verabredet sind. Gestern wurde zuletzt destilliert. Zweimal in der Woche schließt sich Cornelia Bohn hier ein, zieht sich für einen ganzen langen Arbeitstag zurück an ihre kupferne Brennanlage, die fast wie ein Altar an der Längsseite des offenen Raumes steht. Hoch konzentriert und äußert akribisch geht sie dann vor, niemand darf sie stören. Sie brauche die Ruhe und die Einsamkeit, um ganz beim Destillieren zu sein.
Das Wasser gewinnt die Brennerin aus dem unterirdischen See, auf dem sich Schönermark befindet. Seit 2013 bezieht sie nur noch Bio-Getreide, sie verwendet hauptsächlich Rauchmalz und gibt 15% Caraaroma-Malz hinzu, das macht die Produktion teurer. Nicht nur bei der Auswahl des Malzes setzt Cornelia Bohn auf die kostspieligere Variante. Auch bei den Fässern, in denen der Whisky fünf Jahre lagert und reift, entscheidet allein ihr persönlicher Geschmack. So verwendet sich ausschließlich neue Fässer aus amerikanischer Weißeiche und deutscher Spessart-Eiche, die für ein vanillig-karamelliges Aroma stark getoastet, also auf der Innenseite mit Feuer bearbeitet werden. Mit der klassischen Methode, alte Burbon-Fässer zu nutzen, damit zusätzliche Aromen in den Whisky gelangen und die Kosten niedriger gehalten werden, konnte sie nicht viel anfangen. Probiert hat sie es, aber es wurde dann eben nicht ihr Whisky daraus. Auch bei der Lagerung der Fässer in einem offenen Raum mit relativ hoher Verdunstung aus den Fässern geht es nicht um Effizienz, sondern um den eigenen Charakter des Whiskys und seiner Herstellerin.
Cornelia Bohn ist eine Puristin. Und sie ist sich und ihren Prinzipien treu. Am Ende ist es ihr ganz eigenes Produkt, ihr »Baby«. »Mein Whisky soll polarisieren, er soll nicht everbody’s darling sein«, sagt sie entschlossen. Sie produziert zur Zeit 20 Fässer im Jahr, das ist nicht besonders viel. Und der Preussische Whisky ist der teuerste deutsche Whisky. Es läuft gut, aber die Frage, ob sie wachsen wolle mit ihrer Destillerie beantwortet die Self-made-Frau mit einem klaren Nein. Sie wolle eine Manufaktur bleiben, möchte alles selber machen und jeden Schritt vom Einmaischen bis zum Etikettenkleben beobachten können. »Ich würde nie jemandem das Destillieren überlassen«, betont sie. Und das glaubt man ihr sofort, wenn man hört und sieht mit was für einer Hingabe sie sich ihrer Lieblingsbeschäftigung widmet. Ganz ausführlich erklärt sie uns an der imposanten Brennanlage den Weg, den der verdampfende Alkohol nimmt, spricht von Brennblase, Geistrohr, Kühler und Dephlegmator und leuchtet mit einer kleinen Taschenlampe in jedes der übereinander sitzenden Fensterchen, um uns Sinn und Zweck der vier Glockenböden vor Augen zu führen. Wir staunen über die 78 Plomben, die der Zoll an verschiedenen Stellen des Kupfergeräts angebracht hat, um ihre Arbeit zu kontrollieren. Genaue Buchführung und ziemlich viel Papierkram sind die weniger romantische Seite einer Brennerei.
UNSER TIPP
Einmal jährlich lädt Cornelia Bohn zum Tag der offenen Tür.
Der Termin wird auf der Website bekannt gegeben.
Sie wundere sich, warum es nicht mehr Frauen gebe, die die Leidenschaft des Brennens teilten, sagt Cornelia Bohn und sinniert dann darüber. Einerseits bringe ihr die Tatsache, dass sie als Frau in einer Männerdomäne auftritt mehr Medienpräsenz. Das sei ja positiv und habe ihr dabei geholfen ihr Geschäft ins Rollen zu bringen. Andererseits aber musste sie sehr kämpfen als sie 2008, mitten in der Wirtschaftskrise, bei der Bank um einen Kredit für den Kauf der Brennanlage gebeten habe. Für ein Projekt, bei dem sie über fünf Jahre erst einmal nur produziert, ohne dass sie etwas verkaufen kann. Und dann noch als Frau! Doch sie hat es geschafft, hat bis 2015 in zwei Jobs gearbeitet: in der Apotheke hat sie Geld verdient und in der Destillerie in ihre Zukunft investiert.
Ob ihre Tochter denn Interesse an der Arbeit der Mutter habe und die Destillerie womöglich einmal übernehmen wolle, möchten wir wissen. »Null Interesse«, sagt Cornelia Bohn und muss lachen als sie erzählt, dass der Abiturientin der Whisky auch einfach gar nicht schmecke. Lieber trinken Mutter und Tochter mal zusammen ein Schlückchen Mandarinenbrand. Aber wie soll jemand ohne eine solche Vorgeschichte auch diese Leidenschaft entwickeln, die Cornelia Bohn auszeichnet.
Für uns geht es wieder hinaus in die Kälte, von Schönermark aus schlagen wir einen Feldweg ein. Wir sind dankbar für jeden Sonnenstrahl, der uns wärmt. Der Weg Richtung Pinnow führt uns über Landin und vorbei am Landiner Haussee, der von der Straße aus nur als Schilfmeer zu erkennen ist. Doch zuvor hält die Strecke noch eine Überraschung für uns bereit. Als wir Landin erreichen, ahnen wir noch nicht was uns im Ortskern erwartet. Von der Dorfstraße aus fällt uns ein alter Gutshof auf. Hinter einer großen Scheune mit mächtigem Backsteinmauerwerk hätten wir es beinahe gar nicht gesehen. Doch weiter hinten lugt ein hoher Turm hervor.
EIS- UND KUCHENSCHMIEDE
Schmiedeweg 1
16278 Pinnow
Öffnungszeiten vorab prüfen
www.kieslingers-eisschmiede.de
Neugierig betreten wir das Grundstück und nähern uns staunend einer Schlossruine, die trotz des Verfalls wunderschön und erhaben zwischen kahlen Bäumen steht. Schloss Hohenlandin wurde 1860/61 im Auftrag von Rittmeister Wilhelm-Georg von Warburg erbaut und erinnert an einen englischen Landsitz — mitten in der Uckermark. Drumherum ein Lenné-Park, der heute als Wald wuchert. Das Gebäude steht ohne Dach und mit bröckelnder Fassade vor uns, durch die hohen Fenster schieben sich junge Bäume, die im zerstörten Inneren wachsen. Den Krieg hatte das Anwesen noch unbeschadet überstanden, nach 1945 wurde es als Flüchtlingsunterkunft und Dorfschule genutzt, der Verfall begann erst zu DDR-Zeiten.
Ein kleiner privater Verein bemüht sich um Schadensbegrenzung und hat immerhin die Restaurierung des kleinen Pavillons vor dem Schloss vorangetrieben. Nun wartet man bis sich ein finanzkräftiger neuer Hausherr findet — wie bei so vielen Herrenhäusern in Brandenburg.
»Es gibt keine richtige Art Natur zu sehen. Es gibt hundert.«
— Kurt Tucholsky
Hochprozentiges gegen die Kälte — das ist die Idee, mit der wir die Preussische Whisky Destillerie besuchen. Begeistert vom NABU Naturlerlebniszentrum Blumberger Mühle durchqueren wir die frostig-freundliche Landschaft der östlichen Uckermark und entdecken im Vorbeigehen eine prächtige Schlossruine.
Die Sonne strahlt von einem stahlblauen Himmel als wir Angermünde gen Nordwesten verlassen. Uns geht das Herz auf, während wir in die weite Winterlandschaft hinaustreten. Anders als in Berlin liegt hier auf dem Land noch Schnee an den schattigeren Stellen. Die Felder sind früh am Morgen noch von Raureif überzogen und eine Eisschicht auf den Feldwegen macht das Laufen ziemlich abenteuerlich. Mistelbesetzte Robinien und Pappeln säumen den Wegrand.
Nach einer Stunde erreichen wir das NABU Naturlerlebniszentrum Blumberger Mühle, das als Hauptinformationszentrum des Biosphärenreservats Schorfheide-Chorin fungiert. Wir schauen uns die Ausstellung über Moore und ihre Bedeutung für den Klimaschutz an und finden die Aufarbeitung sehr unterhaltsam. Im großzügigen Außenbereich der Anlage treffen wir auf eine bezaubernde Überraschung: Im Gehege der Schafe gibt es kleine Lämmchen. Nebenan wühlen sich zwei Mangalica-Schweine, Piggeldy und Frederick, durch das Stroh.
NABU
NATURERLEBNISZENTRUM
BLUMBERGER MÜHLE
Blumberger Mühle 2
16278 Angermünde
www.blumberger-muehle.de
Direkt hinter dem Naturerlebniszentrum schließen sich sich die Blumberger Teiche an. Die 20 Fischteiche sind Teil eines Naturschutzgebietes, in dem vor allem Wasservögel zu beobachten sind. Heute wird die 140 Hektar große Anlage extensiv fischereilich bewirtschaftet, Karpfen und Schleien werden hier gezüchtet. Namensgeber dieses Ortes ist übrigens der Müller Blumberg, bis Ende des 19. Jahrhunderts gab es hier eine Schneide- und Wassermahlmühle. Unser Weg führt uns über einen schnurgeraden endlos scheinenden Damm zwischen Teichen hindurch. Am Rand der Teiche erhebt sich eine Gruppe Fischreiher über die Erlen hinweg und fliegt unter großem Geschrei davon.
UNSER TIPP
Neben wechselnden Ausstellungen bietet der kleiner Shop der Blumberger Mühle verschiedenste Mitbringsel zum Thema Naturerleben sowie Spezialitäten aus der Region an und ein Restaurant versorgt hungrige Ausflügler.
Nach einiger Zeit erreichen wir hinter einem kleinen Waldstück rechterhand das beschauliche Görlsdorf, das mit ungewöhnlich vielen Sehenswürdigkeiten aufwartet. Ein kleines Feldsteinhäuschen ist das ehemalige Dorfgefängnis von 1750, das heute ein kleines Museum über die Görlsdorfer Geschichte beherbergt. Vorbei an der Dorfkirche gelangen wir zum Lenné-Park von 1830 mit seinen Wasserläufen und Sichtachsen zwischen Laubwald und offenen Wiesen. Wir können nur erahnen wie schön es hier im Frühjahr oder Sommer sein muss, wenn man sich zu einem Picknick im Gras niederlassen kann. Vom Görlsdorfer Schloss aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, das seinerzeit so illustre Gäste wie König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen oder Alexander von Humboldt empfing, sind nur noch wenige Überreste zu sehen. Heute ist Görlsdorf international angesagt, wenn es um Pferdesport geht. Auf dem Gestüt etwas außerhalb des Dorfes werden in langer Tradition Vollblutpferde für den Galopprennsport gezüchtet.
GESTÜT GÖRLSDORF
www.goerlsdorf.de
Nachdem wir den Schlosspark verlassen haben, liegt ein Wegstück typisch uckermärkischer Hügellandschaft vor uns. In sanften Schwüngen setzen sich die winterlichen Felder von dem immer noch leuchtend blauen Himmel ab. Der nächste Ort, den wir auf geteerter Straße erreichen, ist Welsow. Die Dorfkirche aus dem13. Jahrhundert ist ein Schauplatz in »Die Heiden von Kummerow« des Schriftstellers Ehm Welk von 1937. Der Roman handelt von den Abenteuern einer Gruppe von Dorfjungen in der Gegend um Angermünde vor dem Ersten Weltkrieg. An der Welsower Kirche spielt sich im Buch eine Prügelei der Kummerower und Welsower Jungs ab.
SEMINARHAUS BREITENTEICHER MÜHLE
Breitenteicher Mühle 2
16278 Frauenhagen
OT von Angermünde
www.breitenteicher-muehle.com
Die letzte Etappe des Tages führt uns in Richtung Frauenhagen vorbei an der Breitenteicher Mühle. Als Seminarhaus wird die denkmalgeschützte Mühle seit 2012 für spirituelle Seminare genutzt und steht Künstlern oder auch Chören als Rückzugsort mit besonderer Atmosphäre zur offen. Nun ist es nicht mehr weit bis nach Frauenhagen, einem kleinen, ausgefranst wirkenden Ort, der auf eine lange Siedlungsgeschichte bis zur jungen Bronzezeit zurückblicken kann. Heute fällt besonders die verfallende Gutsanlage im Ortszentrum ins Auge. Enger als man denkt ist Frauenhagen mit Berlin verbunden: 1733 kam der unter anderem für den Bau der Hackeschen Höfe verantwortliche Graf von Hacke in den Besitzt des Ortes und ist auch hier begraben. Bei Einbruch der Dunkelheit erreichen wir schließlich unsere kleine Pension und freuen uns dort über den Luxus einer kleinen Haus-Sauna, die uns die Kälte aus den Knochen treibt.
In frostiger Morgenluft queren wir reifüberzogene Hügel und lassen uns, umgeben von Windrädern, von der Wintersonne wärmen. Der Weg führt uns nach Schönermark zur Preußischen Whisky Destillerie. Die Leidenschaft, mit der Cornelia Bohn an ihrem Produkt arbeitet, ist beeindruckend. Ihre Identifikation mit dem, was sie tut, geht so weit, dass sie, wie sie sagt, sich manchmal selbst fühlt wie ein Whisky. Wie ein Whisky, oder wie das Getreide auf dem Feld, aus dem er entsteht. Sie hat ein Gespür für jeden einzelnen der Grundstoffe, die durch ihr Zutun im Laufe der Zeit nach einem langen Reifevorgang zu einem Produkt werden, das eine eigene Seele hat.
Wie kommt eine Apothekerin aus Schwedt dazu, mitten in der Einsamkeit der Uckermark ausgerechnet eine Whisky-Destillerie aufzubauen? »Eigentlich war klar, es muss etwas in der Nähe sein und es muss etwas mit Whisky sein«, denn der ist ihre wahre Leidenschaft seit sie Anfang 20 war. In der DDR habe es so etwas wie Whisky nie gegeben, nur die Bilder seien damals schon in ihrem Kopf entstanden: »Freiheit, Männlichkeit, gut aussehende Männer an der Bar, rechts und links ’ne schöne Frau.« Die Gelegenheit, das erste Mal einen Whisky zu probieren, ergab sich während eines Urlaubs in Bulgarien Anfang 1980er Jahre. Dort wurden sie und ihr damaliger Mann zu einem Getränk eingeladen. Ihrem Mann wurde der Whisky eingeschenkt, sie als Frau hingegen bekam ein Glas Rosenwasser hingestellt. Aus Trotz habe sie dann den Whisky probiert. Als sie dann in Berlin an einer Bar ihren zweiten Whisky bestellte, war sie so erstaunt über die Andersartigkeit in Geschmack und Aroma, die so gar nichts mit dem vorigen Erlebnis zu tun hatten, dass sie begann sich weiter mit der Spirituose auseinander zu setzten und schließlich eine große Faszination für die Komplexität des Whiskys entwickelte.
PREUSSISCHER WHISKY
www.preussischerwhisky.de
Als sie dann mit ihrer Familie nach Schönermark zog, entdeckte sie auf einem Spaziergang im Ort das Gelände des alten Gutshofes mit Brennerei und dem Pferdestall, in dem seit 2009 ihre Preussische Whisky Destillerie untergebracht ist. Der Stall wurde renoviert, alles hat seinen optimalen Platz gefunden. Die Atmosphäre in dem großzügigen Backsteingemäuer mit seinen hohen Kappendecken und der offenen Architektur schlägt uns gleich beim Betreten in den Bann. Es duftet malzig, ein wenig nach Bier, als wir morgens um 10 Uhr zum Gespräch verabredet sind. Gestern wurde zuletzt destilliert. Zweimal in der Woche schließt sich Cornelia Bohn hier ein, zieht sich für einen ganzen langen Arbeitstag zurück an ihre kupferne Brennanlage, die fast wie ein Altar an der Längsseite des offenen Raumes steht. Hoch konzentriert und äußert akribisch geht sie dann vor, niemand darf sie stören. Sie brauche die Ruhe und die Einsamkeit, um ganz beim Destillieren zu sein.
Das Wasser gewinnt die Brennerin aus dem unterirdischen See, auf dem sich Schönermark befindet. Seit 2013 bezieht sie nur noch Bio-Getreide, sie verwendet hauptsächlich Rauchmalz und gibt 15% Caraaroma-Malz hinzu, das macht die Produktion teurer. Nicht nur bei der Auswahl des Malzes setzt Cornelia Bohn auf die kostspieligere Variante. Auch bei den Fässern, in denen der Whisky fünf Jahre lagert und reift, entscheidet allein ihr persönlicher Geschmack. So verwendet sich ausschließlich neue Fässer aus amerikanischer Weißeiche und deutscher Spessart-Eiche, die für ein vanillig-karamelliges Aroma stark getoastet, also auf der Innenseite mit Feuer bearbeitet werden. Mit der klassischen Methode, alte Burbon-Fässer zu nutzen, damit zusätzliche Aromen in den Whisky gelangen und die Kosten niedriger gehalten werden, konnte sie nicht viel anfangen. Probiert hat sie es, aber es wurde dann eben nicht ihr Whisky daraus. Auch bei der Lagerung der Fässer in einem offenen Raum mit relativ hoher Verdunstung aus den Fässern geht es nicht um Effizienz, sondern um den eigenen Charakter des Whiskys und seiner Herstellerin.
Cornelia Bohn ist eine Puristin. Und sie ist sich und ihren Prinzipien treu. Am Ende ist es ihr ganz eigenes Produkt, ihr »Baby«. »Mein Whisky soll polarisieren, er soll nicht everbody’s darling sein«, sagt sie entschlossen. Sie produziert zur Zeit 20 Fässer im Jahr, das ist nicht besonders viel. Und der Preussische Whisky ist der teuerste deutsche Whisky. Es läuft gut, aber die Frage, ob sie wachsen wolle mit ihrer Destillerie beantwortet die Self-made-Frau mit einem klaren Nein. Sie wolle eine Manufaktur bleiben, möchte alles selber machen und jeden Schritt vom Einmaischen bis zum Etikettenkleben beobachten können. »Ich würde nie jemandem das Destillieren überlassen«, betont sie. Und das glaubt man ihr sofort, wenn man hört und sieht mit was für einer Hingabe sie sich ihrer Lieblingsbeschäftigung widmet. Ganz ausführlich erklärt sie uns an der imposanten Brennanlage den Weg, den der verdampfende Alkohol nimmt, spricht von Brennblase, Geistrohr, Kühler und Dephlegmator und leuchtet mit einer kleinen Taschenlampe in jedes der übereinander sitzenden Fensterchen, um uns Sinn und Zweck der vier Glockenböden vor Augen zu führen. Wir staunen über die 78 Plomben, die der Zoll an verschiedenen Stellen des Kupfergeräts angebracht hat, um ihre Arbeit zu kontrollieren. Genaue Buchführung und ziemlich viel Papierkram sind die weniger romantische Seite einer Brennerei.
UNSER TIPP
Einmal jährlich lädt Cornelia Bohn zum Tag der offenen Tür.
Der Termin wird auf der Website bekannt gegeben.
Sie wundere sich, warum es nicht mehr Frauen gebe, die die Leidenschaft des Brennens teilten, sagt Cornelia Bohn und sinniert dann darüber. Einerseits bringe ihr die Tatsache, dass sie als Frau in einer Männerdomäne auftritt mehr Medienpräsenz. Das sei ja positiv und habe ihr dabei geholfen ihr Geschäft ins Rollen zu bringen. Andererseits aber musste sie sehr kämpfen als sie 2008, mitten in der Wirtschaftskrise, bei der Bank um einen Kredit für den Kauf der Brennanlage gebeten habe. Für ein Projekt, bei dem sie über fünf Jahre erst einmal nur produziert, ohne dass sie etwas verkaufen kann. Und dann noch als Frau! Doch sie hat es geschafft, hat bis 2015 in zwei Jobs gearbeitet: in der Apotheke hat sie Geld verdient und in der Destillerie in ihre Zukunft investiert.
Ob ihre Tochter denn Interesse an der Arbeit der Mutter habe und die Destillerie womöglich einmal übernehmen wolle, möchten wir wissen. »Null Interesse«, sagt Cornelia Bohn und muss lachen als sie erzählt, dass der Abiturientin der Whisky auch einfach gar nicht schmecke. Lieber trinken Mutter und Tochter mal zusammen ein Schlückchen Mandarinenbrand. Aber wie soll jemand ohne eine solche Vorgeschichte auch diese Leidenschaft entwickeln, die Cornelia Bohn auszeichnet.
Für uns geht es wieder hinaus in die Kälte, von Schönermark aus schlagen wir einen Feldweg ein. Wir sind dankbar für jeden Sonnenstrahl, der uns wärmt. Der Weg Richtung Pinnow führt uns über Landin und vorbei am Landiner Haussee, der von der Straße aus nur als Schilfmeer zu erkennen ist. Doch zuvor hält die Strecke noch eine Überraschung für uns bereit. Als wir Landin erreichen, ahnen wir noch nicht was uns im Ortskern erwartet. Von der Dorfstraße aus fällt uns ein alter Gutshof auf. Hinter einer großen Scheune mit mächtigem Backsteinmauerwerk hätten wir es beinahe gar nicht gesehen. Doch weiter hinten lugt ein hoher Turm hervor.
Neugierig betreten wir das Grundstück und nähern uns staunend einer Schlossruine, die trotz des Verfalls wunderschön und erhaben zwischen kahlen Bäumen steht. Schloss Hohenlandin wurde 1860/61 im Auftrag von Rittmeister Wilhelm-Georg von Warburg erbaut und erinnert an einen englischen Landsitz — mitten in der Uckermark. Drumherum ein Lenné-Park, der heute als Wald wuchert. Das Gebäude steht ohne Dach und mit bröckelnder Fassade vor uns, durch die hohen Fenster schieben sich junge Bäume, die im zerstörten Inneren wachsen. Den Krieg hatte das Anwesen noch unbeschadet überstanden, nach 1945 wurde es als Flüchtlingsunterkunft und Dorfschule genutzt, der Verfall begann erst zu DDR-Zeiten.
Ein kleiner privater Verein bemüht sich um Schadensbegrenzung und hat immerhin die Restaurierung des kleinen Pavillons vor dem Schloss vorangetrieben. Nun wartet man bis sich ein finanzkräftiger neuer Hausherr findet — wie bei so vielen Herrenhäusern in Brandenburg.
Ein kleiner privater Verein bemüht sich um Schadensbegrenzung und hat immerhin die Restaurierung des kleinen Pavillons vor dem Schloss vorangetrieben. Nun wartet man bis sich ein finanzkräftiger neuer Hausherr findet — wie bei so vielen Herrenhäusern in Brandenburg.
EIS- UND KUCHENSCHMIEDE
Schmiedeweg 1
16278 Pinnow
Öffnungszeiten vorab prüfen
www.kieslingers-eisschmiede.de
»Es gibt keine richtige Art Natur zu sehen. Es gibt hundert.«
— Kurt Tucholsky